Chronik der Stadt Kyllburg 800 - 2000
Kyllburg unter preußischer Herrschaft (1815 bis 1918)
Eisgang und Hochwasser 1891
Bericht aus der Trierischen Landeszeitung vom 27.Januar 1891
Kyllburg. Das war eine schreckliche Nacht vom Samstag auf Sonntag. In Folge des plötzlich eingetretenen Thauwetters mit Regen ging der Schnee rapide ab, und das Eis mußte sich lösen auf der Kyll. Was man befürchtete, geschah Nachts 4 Uhr, als mit schrecklichem, dumpfen Getöse die gewaltige Eismasse sich heranwälzte. Die feste steinerne Brücke unterhalb des Bahnhofs wankte und bebte, wurde jedoch vom Einsturz gerettet, da kundige Hände die Eismassen durch die Bogen der Brücke dirigierten. Die Brücke war zwar gerettet, aber alsbald stellte sich das Eis; innerhalb weniger Minuten hatte sich das Wasser ausgedehnt. Diesseits und jenseits der Kyll, im Nu war Alles überschwemmt. Bis zu 3 Fuß stand das Wasser in den Ställen und Wohnungen an der der Kyll entlang gelegenen Häuser. Man läuft in die Ställe, das Vieh steht nur mehr mit dem Kopfe über dem Wasser, man hat Mühe, es los zu binden, es schwimmt förmlich. Ein Stück Vieh schwamm hinaus durch die halb geöffnete Thüre und mußte Halt machen auf einer kolossalen Eisscholle von 60 Ctm. Dicke, wo man es auffing und durch's Wasser auf eine Anhöhe rettete. In demselben Stalle ertranken zwei junge, acht Monate alte Ochsen. Die beiden Pferde konnten nur mit Mühe gerettet werden. Ein Kalb brachte man rechtzeitig noch auf den Heuboden über dem Stalle. Den Knechten waren Schuhe und Stiefeln weggeschwemmt. Sie dankten Gott, ihr Leben gerettet zu haben. Eine Frau, schon 10 Jahre krank im Bette liegend, schwamm mit ihrem Bette im Zimmer. Ihr treuer Sohn, sein schwimmendes Vieh im Stalle vergessend, dachte nur an die Rettung seiner Mutter. Zwei Stunden hatte er sich gegen die Thüre gestemmt, um den Strom vom Eindringen abzuhalten und nur nach dem Fenster blickend, ob nicht etwa eine Eisscholle dasselbe durchbreche und dem Wasser Eingang verschaffe. Endlich sank das Wasser ein wenig, ein Funke von Hoffnung für die betenden und weinenden Insassen. Das Maschinenhaus der Gerberei Friderichs wurde weggeschwemmt, mehrere hundert Häute suchten das Weite. In den Häusern hörte man nur Weinen, Jammern und Wehklagen. Das Eis wälzt sich über die Straße, schwemmte Misthaufen hinweg, stürzte Wagen um und trieb sie vor sich her und knickte hohe Pappelbäume wie Strohhalme. Der Bürgermeister war den ganzen Tag thätig mit Mannschaften, um das Eis zu sprengen; aber vergebens. Bis endlich um 3 Uhr Sonntag Nachmittags ein Extrazug von Trier einen Pionier-Hauptmann mit 3 Soldaten brachte, um das Eis zu sprengen und die Wasser ins richtige Bett zu leiten. Neun Schüsse wurden abgefeuert und die Wasserbahn war unter allgemeiner Freude und Hurrah-Rufen frei gemacht. Herr Landrath von Bitburg kam mit dem 4 Uhr-Zug an und besichtigte nachher die Wohnungen und tröstete die Leute, besonders die alte 79jährige Frau, die mit ihrem Bette schwamm. Der Extrazug fuhr dann nach Mürlenbach, um dort das Eis zu sprengen. Kyllburg wird die Nacht vom 24. Auf dem 25. Jan. 1891 nie vergessen. Dank Gott, daß keine Menschenleben zu beklagen sind. Der Schaden in der Gerberei Friderichs beläuft sich auf mehrere Tausend Mark; man spricht von 8000 M.
Das Lagerbuch II der Pfarrei Kyllburg berichtet aus dieser Zeit:
Am 29. März 1891, dem hochheiligen Ostertage hatten wir 2° Kälte und viel Schnee, in Wahrheit "weiße Ostern." Während der ganzen Karwoche hat es bei strenger Kälte von 7-8° täglich geschneit.
Kyllburg 29. März 1891
Müller, Pfarrer
Heute am Ostermontage, dem 30. März 1891 hat soviel Schnee gelegen, daß ich mit dem Schlitten nach Seinsfeld fahren mußte zur Abhaltung des Hochamtes dort
Kyllburg, 30. März 1891
Müller, Pfarrer
Heute den 17. Mai am Pfingstsonntage hat es geschneit
Kyllburg 17. Mai 1891
Müller, Pfarrer
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